geschichte  Oyama–
weiterführung

sosai masutatsu oyama
(10. dan)

Gründer des Kyokushin Karate

 Stationen eines Lebens für Karate

Unmittelbar nach Ende des 2. Weltkriegs – noch während der Besetzung Japans durch amerikanische Truppen – fand in Tokyos Sanno Hotel ein Tanzwettbewerb statt. Dieses Hotel diente zu dieser Zeit als Quartier für US-Offiziere. Es war eine Veranstaltung mit ausgelassener Stimmung: Wirbelnde Röcke, laute Musik, viel Gelächter und gelegentlicher Applaus. Plötzlich strömte ein Gefühl von Spannung durch den Saal. Zwei Männer stritten auf der Tanzfläche, kurz nach dem Ende des Wettbewerbs. Der Japaner – groß und geschmeidig – war bleich vor Wut. Sein Gegner – ein stämmiger und untersetzter Koreaner – lächelte, als ob ihn die Sache nicht weiter berührte.
Während sich der Streit der beiden (über ein Mädchen) steigerte, glitt die Hand des Japaners langsam nach hinten an seinen Gürtel. Ein Messer blitzte auf und der Japaner hieb einige Male damit durch die Luft, während er sich dem Koreaner näherte. In Kampfdistanz angekommen, griff er mit einem plötzlichen Ausfallschritt den Koreaner an. Im Bruchteil einer Sekunde wehrte dieser den Messerangriff mit der linken Hand ab, während er gleichzeitig mit der rechten einen Fauststoß zum Gesicht seines Gegners ausführte. Zu hören war das widerliche Geräusch einer zerplatzenden Melone, die man z.B. an einer Bordsteinkante aufschlägt. Als der Japaner den Boden berührte, war er bereits tot; getötet durch einen einzigen Faustschlag! Der Koreaner hatte in der folgenden Gerichtsverhandlung Glück: Sein Gegner war ein Verbrecher, den man mehrerer Morde verdächtigte. So kam er mit einer strengen Verwarnung frei.
Dieser Vorfall bildete wahrscheinlich den Wendepunkt im Leben des 24-jährigen Hyung Yee, der später den japanischen Namen Masutatsu (Mas) Oyama annahm. Da seine Fäuste zu stark für menschliche Knochen waren, wendete er sich nun dem Kampf gegen Bullen zu. Auch dies natürlich ohne Waffen nur mit bloßen Händen: Mit einem Fauststoß zum Kopf machte er sie schwindlig bzw. betäubt, darauf schlug er mit der offenen Hand ein Horn ab und tötete sie, indem er ihr Genick verdrehte. Ebenso maß er sich an allen möglichen Gegenständen, die in seine Hände kamen. Er brach Baumstämme und Steine, Dachziegel, Klinkersteine und Bretter, schlug Flaschenhälse ab, usw. Er hielt unter anderem den Rekord im Durchschlagen von Dachziegeln: 30 Stück mit einem einzigen Abwärtsfauststoß! Bei einer „Bruchtestdemonstration“ brach er einmal nicht nur das Brett, sondern schickte auch den Mann, der dahinter stand, mit dem gleichen Fauststoß ins Krankenhaus.
Als Oyama 1960 in New York weilte, um dort die Nordamerikanischen Meisterschaften im Madison Square Garden zu organisieren, bezeichnete ihn die New York Times als den härtesten Mann der Welt. Allerdings ist – lt. Oyama – der „härteste Mann der Welt“ zugleich auch der schwächste: Wer die Fähigkeit (erworben) hat, mit einem einzigen Schlag zu töten, muss – um nicht zur Gefahr für seine Mitmenschen zu werden – extrem an seiner Selbstkontrolle arbeiten.

Die Frau des Verbrechers änderte sein Leben

„Als ich Alpträume über die trauernde Frau des Getöteten bekam, fasste ich dem Beschluss, mein Leben vollständig zu ändern“. Er nahm sich vor, sich nicht mehr in Streitereien einzumischen, nicht mehr zu rauchen und zu trinken. Er gab zu, dass durch seine gelegentlichen Kontakte zu Verbrechern die Gefahr bestand, einer von diesen zu werden. „Aber anstatt ein Bandenchef zu werden, nahm ich einen anderen Weg und wurde Karate-Lehrer.“
Dieser kompromisslose Sensei wurde als Yong I Choi am 27. Juli 1923 in Kimje, Korea, geboren. Ein paar Meilen von der Küste zum Gelben Meer entfernt, wo chinesische Piraten seit Jahrhunderten segelten und wehrlose Ansiedlungen ausplünderten. Masutatsu war der vierte Sohn von Sun Hyung in einer Familie mit sechs Jungen und einem Mädchen. Glücklicher gestellt als die meisten Kinder seines Alters in der Cholapuk Do Provinz lebte Mas Oyama auf einem großen Bauernhof, sein Vater war wohlhabender Landbesitzer und Bürgermeister der Stadt.
Oyama hatte einen Schulweg von knapp 10 km über einen schmalen schmutzigen Weg und über einen Hügel zur Yongee Grundschule, in der 400 Kinder unterrichtet wurden. Der kleine Mas mochte die Schule nicht, er war einfach nicht der Typ des Gelehrten. Lieber spielte er Hockey oder ging Schwimmen. Im Schulsport war er im Fußball und Geländelauf aktiv. Seine ganze kindliche Liebe allerdings gehörte dem Chabee – einer koreanischen Kombination von Ju Jitsu und Kempo. Chabee wurde in der Schule unterrichtet; es war die Unterrichtseinheit, die der 9jährige Oyama nie ausließ.
Um diese Zeit kam Herr Yi, ein Landarbeiter aus Nordkorea, um am Hofe von Oyamas Vater zu arbeiten. Der neue Arbeiter war sehr bewandert in den asiatischen Kampfkünsten. Nach tagelanger Überredungsversuche des Kindes willigte der Nordkoreaner schließlich ein, Oyama in Chabee und Shaolin Temple Boxing zu unterrichten. Oyama übte täglich unter der Anleitung dieses Experten. Der Unterricht wurde erst beendet, als Oyama zu seiner Tante nach Seoul reisen musste, um dort die Junior High School zu besuchen.
Aber Oyama hatte immer Probleme mit anderen jungen Rowdies. So verärgerte er nicht nur seinen ansonsten sehr geduldigen Vater, sondern allmählich auch die Polizei. Deshalb wurde Oyama nach Abschluss des Schuljahres nach Japan geschickt, um dort die Militärakademie in der Yamanashi Prefektur zu besuchen. Hier wurde er zum Flugzeugmechaniker ausgebildet.
Man schrieb das Jahr 1937 und Japan – im Krieg mit China – entwickelte sich mehr und mehr zu einem einzigen Armeelager. Der junge Koreaner erlernte schnell die japanische Sprache und nahm auch einen japanischen Namen an. In Yamanashi begann er mit dem Training des Shotokan Karate. Zwei Jahre lang trainierte er diese aufregende Kampfkunst, die um die Jahrhundertwende aus Okinawa nach Japan eingeführt wurde. Dennoch war Oyama mit diesem Training nicht zufrieden. Er entschloss sich, nach Tokyo zu gehen um dort sein Karate-Training fortzusetzen.
Der junge Karate Enthusiast immatrikulierte sich in der Takushoku Universität und – obwohl diese Universität als eine Hochburg für Kampfkünste gilt – hatte sie Oyama in Bezug auf Karate wenig zu bieten. Dies konnte Oyama nicht entmutigen: Er wurde von Gichin Funakoshi – dem Vater des japanischen Karate – als Shotokan Schüler im Mijiro-Viertel von Tokio akzeptiert. Dort unterrichten Funakoshi und sein Sohn. Für zwei Jahre, täglich zwei Stunden, trainierte Oyama dort und entwickelte sich allmählich zu der tödlichen Kampfmaschine, als die er später bekannt wurde.
Mit achtzehn Jahren – der Krieg mit den USA und Großbritannien stand unmittelbar bevor – wurde Oyama zur kaiserlichen Armee eingezogen. In Tokyo stationiert, verschwendete er keine Zeit und trat dem Butokukai – eine staatlich geförderte Organisation, die alle Kampfkünste vereinigte – bei, und war damit in der Lage, sein Karate-Training fortzusetzen. In erster Linie war er allerdings ein Mitglied des Kihokai, einer Abteilung des Butokukai, die sich auf Spionage und terroristische Guerilla-Taktiken für den Kriegseinsatz spezialisiert hatte. Das Hauptquartier dieser Abteilung befand sich in Kyoto, Oyama war verbunden mit der Filiale im Roppongi-Viertel von Tokyo.
Das Kihokai vereinigte alle Kampfkünste. Die Schwerpunkte lagen bei Technik und Durchsetzungswillen. Unbemerkt von Oyama bildete sich eine Gruppe von fünfzehn Studenten, welche die Ermordung von Premierminister Hideki Tojo planten. Das Komplott wurde vorzeitig entdeckt. Die fünfzehn Studenten begingen Hara Kiri, der Rest der Mitglieder des Kihokai – einschließlich Oyama – wurde zusammengetrieben und in das Gefängnis geworfen. Zwei Wochen später war Oyama wieder ein freier Mann, allerdings durch diese traumatische Erfahrung stark mitgenommen.
In dieser Zeit traf Oyama auf den koreanischen Goju-Spezialisten Cho Hyung Ju (auch: So Nei Chu), einem Schüler von Chojun Miyagi (Gründer des Goju Ryu). Sie schlossen bald Freundschaft und die nächsten zwei Jahre trainierte Oyama sehr erfolgreich unter dessen Leitung. Inzwischen war Oyama Stabsunteroffizier der Bodentruppen geworden und mit dem Auftrag versehen, sich an den Südpazifik zum Kriegseinsatz zu begeben. Einen Tag vor seiner Abreise endete jedoch mit der Kapitulation Japans der Krieg.
1945 heiratet Oyama, und 1945 erhält Oyama von Gichin Funakoshi den 4. Dan.
Während der hektischen Tage nach Kriegsende bestürmte Oyama Cho Hyung Ju, ihn wiederum als Schüler anzunehmen.
Diesmal trainierte er in einem Dojo im Koenji-Viertel von Tokyo. Aber nach einem Jahr intensiven Trainings nahm ihn sein Lehrer zur Seite und ermahnte ihn: „Ich habe dir alles beigebracht, was ich weiß, und nun bist du stärker als ich. Du bist tatsächlich zu stark für die meisten Menschen. Du wirst noch mehr Herausforderungen annehmen und noch mehr Menschen töten, wenn du deine Lebensweise – Trinken und Streiten, die Zeit mit Frauen und Gangstern zu verbringen – fortsetzt. Du bist geradewegs auf dem Weg ins Gefängnis. Ich rate dir, in einen Tempel zu gehen und über dein zukünftiges Leben zu meditieren. Darüber, was du mit deinem Leben anfangen willst – es verschwenden oder damit etwas Positives anfangen“.
Oyama brachte sich außerdem dadurch in Schwierigkeiten, dass er sich für die asiatische Ausgabe des „Superman“ – des „Verteidigers der Gerechten“ hielt. Während der Besatzungszeit strichen die amerikanischen Soldaten und Matrosen oft durch die Straßen, auf der Jagd nach Frauen. Es gab einige Frauen, die sich den Eroberern hingaben, viele jedoch taten dies nicht. War Oyama in der Nähe, wenn eine Frau gegen ihren Willen belästigt wurde, hielt er es für seine Pflicht, ihr zu helfen. Viele der amerikanischen Besatzer merkten zu spät, dass sie es hier mit einem Asiaten zu tun hatten, den man nicht einfach zur Seite schieben konnte. Wenn er sich in eine Auseinandersetzung einmischte, war er nur mit einer MP oder der japanischen Polizei zu stoppen.

Chronischer Unruhestifter

Die japanische Polizei und die amerikanische Militärpolizei betrachteten Oyama als einen notorischen Schläger und machten ihm Schwierigkeiten, wo immer sie ihn trafen. Bei den härteren Rowdies unter den betroffenen amerikanischen Besatzern galt er als gebrandmarkt, also als Freiwild. So rieten ihm seine Freunde, die Stadt zu verlassen, falls er nicht ermordet werden wolle.
Der Rat von Cho Hyung Ju, sich in einen buddhistischen Tempel zurückzuziehen, kam also gerade zu der Zeit, als Oyama daran dachte, sich aus dem Staub zu machen. Es wurde für ihn ein Platz in einem buddhistischen Tempel auf dem Mt. Minobu arrangiert, etwa 100 Kilometer westlich von Tokyo in der Yamanshi Präfektur. Die nächsten drei Monate arbeitete er eisern von Morgengrauen bis Mitternacht: Holz hacken, Wassereimer schleppen und andere Hausarbeiten. Aber das Klosterleben war nichts für den rastlosen Oyama, der sich darüber beklagte, dass ihm seine harte Arbeit keine Zeit mehr für sein Karatetraining ließ.
Kurz nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt wurde Oyama mit Tenshichiro Ozawa – einem bekannten Politiker und Staatsmann – bekannt gemacht. Das Resultat dieser Bekanntschaft war das, was der Koreaner „geistiges Training“ bezeichnete. Ozawa konnte Oyama dazu bringen, diesmal für mindestens ein Jahr wieder in die Berge zu gehen. Hier sollte er bei einfachster Lebensweise alleine leben, Karate üben und innere wie äußere Kraft aufbauen.
So reiste Mas Oyama zum Mt. Kiyosumi nahe der Chiba Präfektur, wo Jahrhunderte zuvor St. Nichiren die Lehrsätze erhielt, die die Grundlage für die neue militante Sekte der Buddhisten bildeten. Oyama zog in eine kleine bäuerliche Hütte mit Blick über den Pazifik an der Spitze der Boso-Halbinsel. Der Lebensunterhalt war durch Ozawa gesichert, der ihm monatlich $50 überwies.
Monat für Monat unterzog sich Oyama einem strikten Plan: Sieben Stunden Karate-Training, acht Stunden Schlaf, drei Mahlzeiten. Der Rest des Tages diente der Meditation und der Erholung. Hier erarbeitete er seine Bruchtechniken, die zum Höhepunkt vieler Turniere wurden. Während er durch die Wälder ging, schlug er Äste von den Baumstämmen, zerschlug Steine und brach Bretter. Er maß sich an allem, was er in die Hände bekam und entwickelte allmählich Handkanten wie Macheten und Fäuste wie Schmiedehämmer.
Ein Jahr ging vorüber und Oyama war immer noch auf dem Kiyosumi, lebend und trainierend wie der Yamabushi (Kampfmönch) des alten Japans. Als nach achtzehn Monaten die Unterhaltszahlungen von Ozawa aufhörten (es wurde gemunkelt, dass er in einen Korruptionsskandal verwickelt und von den Besatzungsmächten inhaftiert war), kam Oyama herunter nach Tateyama, einem nicht weit entfernten Strandort.
Als er in die Berge ging, hatte er seinen Kopf kahl geschoren, nun aber hingen ihm die Haare fast bis auf die Schultern. Während sein Gesicht vom harten Leben ausgezehrt wirkte, war er stahlhart. Die japanischen Kuhhirten müssen sehr erstaunt gewesen sein, als dieser magere, wildschauende, langhaarige Typ in ihrem Stall auftauchte und darum bat, mit bloßen Händen gegen einen ihrer Bullen kämpfen zu dürfen. Selbstverständlich glaubte ihm keiner, wenn er behauptete, einen Bullen mit einem einzigen Schlag zu Boden bringen zu können.
„Die glaubten alle, ich wäre verrückt“ erinnert sich Oyama, „aber ich blieb hartnäckig bei meiner Bitte um eine Chance.“ Ein alter Schlachthausbesitzer ließ sich schließlich erweichen und gab ihm die Gelegenheit, seine Kraft an einem großen wilden Bullen im Schlachthaus zu beweisen. Der Bulle war an beiden Seiten des Kopfes angekettet und das Schlachthaus war gerammelt voll mit Neugierigen, die sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen wollten. Türen und Fenster waren voll von Leuten, die den verrückten Koreaner bei seinem Versuch, einen Bullen mit den bloßen Händen zu töten, sehen wollten. Oyama war vor dem mit verbundenen Augen stehenden Bullen. Oyama nahm Maß und stieß die Faust – jedes Gramm, alle Kraft hineinlegend – zu. Es folgte ein Moment der Stille, bevor sich der Bulle mit einem wütenden Brüllen von den Ketten losriß. Es entstand ein totales Tohuwabohu als die erschreckten Zuschauer vor dem rasenden Bullen flüchteten. Stühle und Tische wurden wie Streichhölzer zerknickt, Fenster zerbrochen. Nichts und niemand konnte den rasenden Bullen stoppen, auch Oyama flüchtete.
Es dauerte gut eine halbe Stunde, bevor genügend Leute genügend Mut fassten, in das halb abgewrackte Schlachthaus zurückzukehren und den Bullen einzufangen. Als er endlich unter Kontrolle gebracht war, entschuldigte sich ein verlegener Oyama überschwenglich für sein peinliches Versagen. Es geht schon in Ordnung, war die Antwort. Keiner hatte wirklich geglaubt, dass er den Bullen mit den bloßen Händen überwältigen würde. Er hatte seine Chance gehabt und versagt. Sie vermuteten, er würde nun endlich abhauen und sie mit seinen sonderbaren Wünschen in Ruhe lassen. Aber sie hatten nicht mit der Hartnäckigkeit des sturen Koreaners und seiner Weigerung, die Niederlage einzugestehen, gerechnet. Oyama beobachtete das Schlachthaus jeden Tag, sah zu, wie die Bullen mit einem Hammer getötet wurden. Ein Hammer konnte einen Bullen töten – warum nicht er?
Nach einigen Tagen bekam Oyama eine weitere Gelegenheit, seine Überlegenheit unter Beweis zu stellen. Es war derselbe Ort, und wieder war eine große Zuschauermenge vertreten, um Oyamas Test zu verfolgen. Oyamas erster Hieb krachte gegen den Schädel des Bullen. Der Schlag hallte über das ganze Feld und vermischte sich mit den Schreien der Zuschauer, als der Bulle in die Knie ging. Triumphierend half Oyama dem Bullen hoch und hieb seine Faust ein zweites Mal zwischen seine Augen. Diesmal blieb der Bulle stehen. Ein Farmer empfahl Oyama, dem Bullen ein Horn abzuschlagen. Nachdem einige Versuche von vorn mißlangen, versuchte es Oyama von hinten, was dann endlich gelang. Das Horn brach ab und fiel in den Dreck.
In der Folgezeit versuchte Oyama vierzig Mal, die Hörner von Bullen abzuschlagen. Dabei hatte er 36 Mal Erfolg. Obwohl berichtet wird, dass Oyama über 50 Bullen getötet hätte, tötete er lediglich drei. Übrigens alle durch Brechen des Genicks. Die Shochiki Film Gesellschaft sandte einmal ein Team um einen Film von 20 Minuten Dauer über Oyamas „Stierkampf“ zu drehen. Wie üblich kamen auch diesmal die Zuschauer in Massen, aber 50 Polizisten – die gesandt wurden, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu halten – kamen mit dem Befehl, die Tötung des Bullen zu verhindern. Trotzdem zwang Oyama den Bullen mit einem Fauststoß in die Knie, bevor er ihm mit Shuto ein Horn abtrennte. Um Tierschutzverbände und Tierfreunde zu besänftigen, legte Oyama Wert auf die Tatsache, dass alle Bullen, mit denen er zu tun hatte, bereits für das Schlachthaus bestimmt waren und ihr Schlachtzeitpunkt durch Oyama lediglich verschoben wurde.
Durch die spektakulären Auseinandersetzungen mit Bullen wurde Oyama weltweit so bekannt, dass er sich – was Ansehen und Respekt betraf – an die Spitze der Karateszene katapultiert sah. Die Welle der Popularität ausnutzend, eröffnete er ein kleines Dojo in Tateyama. Nachdem dort mit Karate kaum der Lebensunterhalt zu sichern war, kehrte er nach etwa einem Jahr nach Tokyo zurück. Zu dieser Zeit war der Korea-Krieg ausgebrochen und die südkoreanische Auslandsvertretung in der japanischen Hauptstadt suchte nach einem Leibwächter. Oyamas Ruf brachte ihn an die Spitze der Bewerberliste und so bekam er schließlich den Job – zu dem relativ guten Gehalt von $150 monatlich. Außerdem hatte er Gelegenheit, nach Dienstschluss sein Karatetraining fortzusetzen.

Der Aufstieg

Die Dinge entwickelten sich gut für den entwurzelten Koreaner. Er hatte einen guten Arbeitsplatz und verdiente zum ersten Mal in seinem Leben gutes Geld. Er schickte seiner Frau Chiyako – sie hatten gegen Ende des Krieges geheiratet – und seiner Tochter regelmäßig Geld zum Unterhalt.
Beide lebten mit seiner Schwiegermutter außerhalb von Tokyo. Sie warteten darauf, dass Oyama groß als Karateka herauskommen würde, und er war auf dem besten Weg dazu. Er gewann 1947 die japanischen Karate-Meisterschaften in Kyokto (diese Angabe gilt unter Kampfkunsthistorikern als sehr umstritten: Alle Kampfkunstaktivitäten waren von den Besatzungsmächten verboten. Das Verbot, Kampfkunst zu trainieren, wurde erst 1948 aufgehoben. Wettkämpfe dieser Art wurden erst wieder ab 1949 zugelassenen. Anmerkung von J.-D. Eisheuer); wegen seiner Stierkämpfe wuchs sein Ruhm rapide im In- und Ausland, er hatte gründliche Ausbildung in Shotokan Karate und Goju Kai Karate erhalten und seine einzigartigen Bruchtechniken entwickelt.
Zusätzlich zu seinen sonstigen Aktivitäten nimmt Oyama ab 1951 auch wieder das Judo-Training im Sone Dojo in Asagatake auf. Nach seiner Arbeit in der koreanischen Auslandsvertretung unternahm er die erste von zahlreichen Reisen in die Vereinigten Staaten von Amerika. Im März 1952 kam er auf Einladung der „U.S. Professional Wrestling Association“ nach Chicago. Seine Begleiter waren der Judoka Kokichi Endo und der Profi-Ringer „Great Togo“ aus Kalifornien. Nach einer großen Eröffnungsvorstellung in Chicago reisten sie durch die USA. Dabei nahmen sie jede Herausforderung professioneller Ringer und Boxer an. Oyama gewann jeden Kampf durch knockout.
1953 eröffnete Oyama sein erstes Dojo. In seinem Dojo wurde die härteste Form des Zweikampfes, das Jis-sen Kumite, geübt: Jede Form von Technik war erlaubt, ungeachtet des Kampfsystems, dem sie entstammte. Kamen Kämpfer anderer Systeme, und stellten sich deren Techniken als erfolgreich heraus, wurden sie Techniken sofort von Oyama übernommen.
Im folgenden Jahr reiste Oyama wieder nach Chicago, um eine Vorstellung seines berühmten Stierkampfes zu bieten. Während die Fernsehkameras surrten, betäubte Oyama den Bullen mit dem ersten Fauststoß, bevor er ihm mit der Handkante das Horn abschlug. Anschließend unterrichtete er eine Woche in New York, bevor er nach Japan zurückkehrte.
1954 begann er eine drei-Monate-Tour durch Südostasien. Zum einen schien ihm diese Reise wichtig, um die Erniedrigung, die das japanischen Karate durch Thaiboxer erlitten hatte (ein japanisches Team war anlässlich eines Vergleichskampfes vernichtend geschlagen worden), wettzumachen, zum anderen plante er zu unterrichten und Karate-Techniken zu demonstrieren.
Es war eine schwülheiße Nacht, und die Boxarena war zum Bersten mit Thaibox-Anhängern gefüllt, die sehen wollten, wie ihr Held „Black Copra“ wieder einmal einen japanischen Karateka erledigte. Der Thai war der führende Thaiboxer im Weltergewicht, der zusätzlich zu seiner langen Erfahrung im Thaiboxen Ringerfahrung in den USA sammeln konnte. Als Oyama den Ring betrat, johlte und lachte die Masse höhnisch über ihn.
Als der Gong zur 1. Runde ertönte, kam Oyama aus seiner Ecke, ungewiss dessen, was ihn erwartete. Als er vorsichtig den Thai umrundete, schoss dieser plötzlich einen fürchterlichen Tritt ab, der Oyama augenblicklich zu Boden schickte. Ein gewaltiger Beifallsturm erhob sich, als der Kampfrichter mit dem Auszählen des am Boden liegenden Oyama anfing. Aber – zum allgemeinen Erstaunen – erhob sich Oyama noch vor dem Ende des Zählens. Noch ein bisschen unsicher auf den Beinen von dem Tritt, den bisher nur wenige überlebt hatten, stellte er sich erneut dem Kampf.
Oyama konzentrierte sich nun auf die Fußtechniken seines Gegners. Etwa in Mitte der Runde schoss der Thai einen kraftvollen Tritt zu Oyamas Kopf ab. Blitzschnell – unmittelbar vor dem Auftreffen – fing Oyama den Fuß ab. Bevor der Thai auf die für ihn ungewohnte Situation reagieren konnte, brachte ihn der Karateka aus der Balance und schickte ihn mit einem vernichtenden Kreistritt auf die Bretter.
Die Zuschauer waren wie betäubt. Als „Black Copra“ wieder taumelnd auf die Füße kam, erhielt er von Oyama einen Fauststoß auf das Kinn, dass er mit ausgebreiteten Armen in die Ringecke flog und dort liegen blieb. Als der bewusstlose Thai in den Umkleideraum getragen wurde, stellte sich ein mehrfacher Kieferbruch heraus. Das Ende für ihn war in zwei Minuten der ersten Runde gekommen! Oyama gewann in der Folge alle Kämpfe gegen die Thaiboxer und stellte somit das Prestige des japanischen Karate wieder her.
Das Jahr 1954 entwickelte sich für Oyama recht verheißungsvoll. Er reiste für einige Monate nach Hawaii und half dort dem Karate-Lehrer Bobby Lowe, einem US-Chinesen, beim Aufbau des ersten Auslandsdojo – der „School of Oyama“. Als er wieder in Japan war, trainierte er seine Schüler in einem öffentlichen Park im Mejiro-Viertel von Tokyo. Es war eine glückliche Zeit, die für vier Jahre anhielt.
1955 erhält Oyama von Gogen Yamaguchi den 6. Dan.
1957 verbrachte Oyama sechs Monate auf der nördlichsten Insel von Hokkaido. Während dieses Aufenthaltes wagte er einen Zweikampf mit einem Kampfbären. Diese Herausforderung erwies sich als eine Pleite: Der Bär war so groß, dass Oyama dessen Kiefer nicht erreichen konnte!
Das folgende Jahr brachte einen weiteren Rückschlag. Ein groß angekündigter Stierkampf im National Stadium von Tokyo weckte den Widerstand von Tierschutzvereinigungen. Zusätzlich nutzten konkurrierende Karategruppen ihren Einfluß bei den Behörden, um diese Veranstaltung zu verhindern. Um das Fass voll zu machen, regnete es die Nacht vor dem Ereignis, letztendlich war auch noch der Veranstalter verschwunden. Aber trotz alledem „the Show must go on“ und so zog Oyama – widerwillig – die Aktion durch. Wie erwartet, schickte er den Bullen mit einem Fausthieb zu Boden, versagte aber bei dem Versuch, ihm das Horn abzuschlagen.
Es war das Jahr, in dem Oyama sein erstes Buch „What is Karate?“ vorstellte und Gogen Yamaguchi, der Kopf des Goju Ryu Karate ihn einlud, in seiner Organisation Vizepräsident zu werden. Obwohl Oyama höflich ablehnte, stimmte er zu, dem Goju Ryu als Berater zu dienen. Während der drei Jahre, die Oyama in dieser Position verbrachte, wuchs das Goju Ryu schnell von einer relativ kleinen Stilrichtung zu einer der führenden Stilrichtungen in Japan heran. Aber Oyama hielt es auch hier nicht lange aus. Er verabscheute die Art, wie Karate als ganz normales Geschäft geführt wurde, mitsamt seinen gegeneinander zankenden Splittergruppen.
1959 trat der Holländer Jon Bluming der Oyama-Organisation bei. Zusammen mit dem Koreaner Kenji Kurosaki besteht die Führungsmannschaft intern nun aus drei Persönlichkeiten. Ebenso in diesem Jahr ging Oyama wieder in die USA. Er gab Demonstrationen seines Könnens, lehrte und gründete Oyama-Schulen in Chicago, Los Angeles und San Francisco. Des Weiteren trat er im Hauptquartier des FBI in Washington D.C. und New York auf. Donald Buck, ein früheres Mitglied der Polizei von San Francisco, übergab Oyama die Leitung des San Francisco Dojo.
1960 gab Oyama eine größere Auflage von „What is Karate?“ heraus. Er kommentierte dies so: „Ich erwartete, dass vielleicht 3.000 Exemplare verkauft werden würden, aber nun sind es bereits mehr als 170.000“. Es war der absolute Rekord an verkauften Büchern aus dem Bereich der Kampfkünste. Ebenfalls in diesem Jahr startete Oyama in New York die Nordamerikanischen Karate-Meisterschaften im Madison Square Garden. Das erste von den vielen glänzenden Turnieren in den USA.
Zu behaupten, dass Oyama den Turnierteilnehmern die Schau stahl, ist leicht untertrieben: Er war die Sensation; in jedem Sinn! Er blieb vier Monate, gründete neue Dojo, unterrichtete und demonstrierte sein Können. In den folgenden zwei Jahren reiste er aus dem gleichen Grund regelmäßig in die USA und baute so sein Dojo-Netz in Übersee stetig weiter aus.
Obwohl er den Namen seiner Schulen bereits 1961 zu „Kyokushinkai“ änderte, dauerte es bis 1963, bis er endlich das vierstöckige Honbu Dojo in der Nähe des alten Dojo, direkt hinter dem Hiratsuka Hospital und nur einen Block von der Polizeizentrale entfernt, beziehen konnte. Der Bau dieses Dojo dauerte zwei Jahre und kostete $150.000. Das Geld stammte vorwiegend aus dem Verkauf seiner Bücher, sowie der Einnahmen durch seine Mitglieder. Das Haupt-Dojo mit 100 Matten befand sich im zweiten Stock, kleinere Dojo waren im Erdgeschoß und im Keller untergebracht. Mit Ausnahme von Sonntag trainierten dort täglich über 150 Karateka: Anfänger im Erdgeschoß, Frauen und Kinder im Keller und die Fortgeschrittenen im Haupt-Dojo.
1969 führte Oyama die – wie er es bezeichnet – ersten offenen alljapanischen Karate-Meisterschaften durch. Einladungen dazu gingen an alle Kampfsportschulen –an Kick- und Thaiboxer, Judoka, sowie an die Anhänger westlicher Kampfsysteme. Es war – wie erwartet – ein wildes und verworrenes Turnier, sogar ein Kampfrichter wurde in dem Durcheinander verhauen. Der geringste Vorwurf, der geäußert wurde, war der der massiven Manipulation. Ein Jahr später schon – 1970 – fand das erste „Open World Karate Tournament“ im Municipal Gymnasium in Sendagaya/Tokyo statt.
Sportpolitische Entscheidungen der Kampfrichter, die bei dieser „Weltmeisterschaft“ teilweise noch ärger als bei dem vorjährigen nationalen Turnier ausfielen, bildeten hier bereits die Grundlage für das Loslösen einiger fähiger Karateka von Oyama.
1974 erhält Oyama von den internationalen Landesvertretern den 9. Dan verliehen.

  1. April 1994: ein schwarzer Tag für die Kyokushin-Gemeinde Tod einer Legende, eines herausragenden Lehrers, Betreuers und Freundes: Trauer um Masutatsu Oyama!

Die Kyokushin Szene nach Oyamas Tod

Oyama hat nicht nur ein Kampfsystem entwickelt. Seine Philosophie gab Millionen von Menschen Sinn und Lebensinhalt. Er erwies sich als einer der besten Karate-Lehrer der Welt, der viele herausragende Lehrer und Trainer hervorbrachte und so dem Kyokushin Karate zu seinem guten Ruf verhalf. Er schuf ein ehrliches Kampfsystem!

Wie alles, hat sich auch das Oyama Karate (Kyokushinkai) aus seinen Anfängen weiterentwickelt. Viele neue Stilrichtungen und Verästelungen entstanden auf der Basis des Kyokushin Karate. Viele Stilrichtungen wurden lediglich gegründet, um der Eitelkeit ihres „Schöpfers“ zu genügen, einige sind tatsächlich eine Weiterentwicklung eines ansonsten stagnierenden Systems.

(Quelle: Aus dem Internet)